· 

BFK Streckenflug in Samedan

Am 16. Juni machte ich mich mit unserer LS-4 HB 3117 auf den Weg ins Engadin. Auf dem Programm standen zwei Wochen Breitenförderungskurs (BFK) im Alpenflug. Die Engadiner Seenlandschaft kannte ich bereits gut von meinem zweiten Hobby, dem Regattasegeln. Den Skigebieten der Region statte ich im Winter auch regelmässig einen Besuch ab und so fehlte eigentlich nur noch die Vogelperspektive auf diese tolle Landschaft in den Schweizer Alpen. Und die konnte ich während zwei Wochen definitiv in vollen Zügen geniessen. Aber zuerst mal von Anfang an:

In Samedan wird mit der Winde gestartet und deshalb machte ich mich bereits zwei Tage vor Lagerbeginn auf den Weg um die Windeneinweisung unter der sehr professionellen Leitung von Christine Levy durchzuführen. Auf dem Programm für Samstag und Sonntag standen 16 Starts (und Landungen) aus der Winde. Schon nach einigen Starts gewöhnt man sich langsam an die doch eher spezielle Fluglage während dem Start und die diversen Seilrissübungen aus allen möglichen Positionen gaben einem das nötige Training, um diese nicht ganz ungefährliche Startart zu üben. Nach 11 Starts am Doppelsteuer ging es dann nochmals mit fünf Solostarts auf der ASK-21 in die Luft um die EASA Ausbildungsschritte für den Windenstart abzuschliessen.

 

Am Montag morgen war dann der offizielle Beginn. Domenic Planta, BFK Cheffluglehrer, begrüsste die 22 Teilnehmer und 11 Fluglehrer aus der Schweiz und Deutschland. Der BFK Alpenflug ist so organisiert, dass man im Zweierteam jeweils drei Tage einem Fluglehrer zugeordnet ist und dann werden die Teams rotiert. In der ersten Woche wird ausschliesslich auf den Doppelsitzern geflogen und ab der zweiten Woche konnte man nach Möglichkeit auch noch auf den mitgebrachten Einsitzern fliegen. Zur Verfügung standen für elf DG 1000/1 bzw. Duo Discus, sodass auf bestem Flugmaterial der Alpenflug trainiert werden konnte. 

Am Morgen stand jeweils ein Theorieblock zu diversen Themen und das super Meteo-Briefing von Max Lamm auf dem Programm und ab ca. 13 Uhr ging es dann in die Luft. Normalerweise konnte jeder Teilnehmer 2-3 Stunden am Stück fliegen bevor das zweite Teammitglied an der Reihe war. Für die Fluglehrer gab dies natürlich relativ lange Tage und es gab dann auch die eine oder andere Landung weit nach 20 Uhr. Zu Beginn war ging es hauptsächlich darum, wie man direkt aus der Winde Anschluss in den Hangaufwind fand, entweder etwas südlich am Gravatscha oder dann nördlich Richtung Crasta Mora. Da während den zwei Wochen fast nur Nordwind wehte, war der Klassiker am Muottas Muragl Richtung Pontresina selten die Beste Wahl. Aus der Winde in Samedan schafft man, wenn es gut geht, etwa 400 m über Platz (was bei einer Platzhöhe von 1707 m doch immerhin schon 2100m sind). Nichtsdestotrotz  kommt man dann normalerweise auch gleich sehr tief am Hang an und man sollte relativ schnell etwas Aufwind finden, ansonsten ging's direkt wieder in den Downwind. Es war jedenfalls eine super Übung um den Hangflug zu trainieren. Im 8er-Flug ging es dann hoch bis an die Krete. Bei der Anzahl Flieger in der Luft nicht immer ganz einfach und stressfrei aber es ging jeden Tag besser. Immerhin gibt es im Engadin fast keine Kabel am Hang, abgesehen von den Gondelbahnen, welche im Flarm jedoch eingetragen sind. Bei uns in der Zentralschweiz oder auch im Tessin wären solche Hangflug Techniken wohl häufig nicht möglich gewesen oder nur mit ausgezeichneter Ortskenntnis. 

Piz Balu

Die Bergwelt war faszinierend und es war schnell klar, dass die Segelflugkarte dem Engadin nicht gerecht wird. Deshalb wurde schnell die Landeskarte Südost-Schweiz angeschafft, um sich mit Piz Mezzaun, Piz d'Esan, Piz Kesch, Piz Languard, Piz Chalchagn, Piz Boval, Piz Morteratsch, Piz Bernina und der restlichen Engadiner Pizzeria anzufreunden. Ausflüge ins Unterengadin oder über die Landesgrenze nach z.B. nach Livigno standen regelmässig auf dem Programm um die diversen Hotspots kennenzulernen und auch die Aussenlandefelder auszukundschaften. Ein Flug durch die Gletscherlandschaft im Berninagebiet war natürlich auch immer faszinierend. Auch wenn sich die Gletscher deutlich sichtbar zurückziehen, boten sie trotzdem eine einmalige Kulisse und der "Gletscherfräs" gehörte schon fast zum Pflichtprogramm ;-) 

Auch wenn pro Fluglehrer zwei Teilnehmer zugeteilt waren und man so natürlich etwas weniger zum Fliegen kommt, waren die Fortschritte trotzdem beachtlich. Schon bald fühlte man sich am Hang wesentlich sicherer und man konnte sich, immer effizienter hochkurbeln. Eine weitere gute Lernerfahrung für mich waren die Seitenwind-Landungen (25km/h von der Seite waren nicht unüblich bei Nordwind). Dies gibt es in Buochs "leider" eher selten und kann so auch nicht oft trainiert werden. 

Samedan

Eine weitere faszinierende Erfahrung war der Wellenflug. Schon früh in der ersten Woche zeigte die Prognose für den Donnerstag/Freitag eine starke Nord/Süd-Druckdifferenz von bis zu 14 hPa an. Und so kam es dann auch. Der Starke Nordwind (in der Höhe über 70 km/h) setzte eine schöne Welle direkt über Samedan. Nachdem es schnell am Gravatscha den Hang hoch ging, fand man Mitte Tal mehr oder weniger turbulent den Einstieg in die Welle. Schnell war man weit über der Wolkengrenze und ZRH Delta war dann auch gut gestimmt (ob sie sich wohl schon auf die Engadiner Nusstorte freuten, welche sie später erreichen wird?). Zuerst gab es mal eine Freigabe bis FL 180 und wir konnten auf ca. 5400m steigen. In der zweiten Schicht am späteren Nachmittag wurde dann das ganze Engadin bis Flight Level 240 freigeben und mehrere Teilnehmer schafften es über 7000m! Solche Höhen waren faszinieren, aber man darf natürlich auch nie die Gefahren ausser Acht lassen. Sauerstoffzufuhr muss einwandfrei klappen ansonsten ist ein rascher Abstieg lebenswichtig (auch das haben wir trainiert). Auch sind die Flarm Kollisionsanzeigen in diesen Bedingungen praktisch wertlos, da sie GPS basiert sind und der Kurs über Grund durch die hohen Windgeschwindigkeiten überhaupt nicht mit dem Heading Angle übereinstimmen müssen. So kann auch mal eine Kollisionswarnung gerade aus angezeigt werden, obwohl der andere Flieger hinter einem fliegt. Eine gute Luftraumüberwachung war also gefragt. 

Die Luftraumüberwachung, saubere Ausweichmanöver (speziell am Hang) und eine sinnvolle Verwendung der elektronischen Hilfsmittel (FLARM/Butterfly) waren eines der Hauptthemen während dem Lager, um die Sicherheit zu erhöhen. Für jeden mitgebrachten Flieger waren auch die FLARM Auswertungen verfügbar. Es war spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Reichweiten der einzelnen Geräte sind. Eine Analyse unter https://flarm.com/support/tools-software/flarm-range-analyzer/ kann ich nur empfehlen (einfach eines oder mehrere IGC Files hochladen und der Report wird generiert). So kann man evt. Antennenposition optimieren oder auch feststellen wenn ein Gerät nicht mehr ordnungsgemäss funktioniert. 

Am Ende der ersten Woche konnte ich dann noch die Windeneinweisung auf die LS-4 erweitern und konnte nun auch auf der mitgebrachten HB-3117 fliegen. Andere LS-4 Piloten schauten neidisch auf unser tolles Cockpit-Layout mit LX9000 etc (und natürlich auch auf das Haifischdesign ☺ ).

So konnte ich in der zweiten Woche auch einige Solo Flüge durchführen, das Gelernte umsetzen und die Region auf eigene Faust entdecken. Aber ich nutzte auch weiterhin die Gelegenheit, ab und zu mit den Fluglehrern am Doppelsteuer abzuheben um von ihrem Erfahrungsschatz zu profitieren. Effizientes Fliegen am Gelände erfordert viel Konzentration und man muss seine persönliche Komfortzone bezüglich Hang Abstand kennenlernen. Bei gewissen Piloten liegt diese bei einer Flügellänge und bei anderen Piloten deutlich drüber. Eine Lehre aus den zwei Wochen war sicher, dass man die persönliche Komfort- bzw Sicherheitszone nicht strapazieren sollte. Ein bisschen schwächeres Steigen oder ein Absaufer kratzt höchstens am Ego. Eine Kollision mit dem Hang hat jedoch meistens fatale Folgen. Beispiele dazu gibt es leider genügend. Die Lehren dazu wurden im Rahmen des Lagers auch vermittelt und Andi Duppenthaler berichtete von einigen nachdenklichen Beispielen aus seiner Arbeit für die SUST. 

 

Der BFK war für mich und sicher auch alle anderen Lagerteilnehmer ein voller Erfolg. Das Wetter (und Zürich Delta) waren definitiv auf unserer Seite und so konnte jeder Tag mehrere Stunden geflogen werden, auch wenn die Prognosen zwischendurch nicht immer ideal aussahen. Ich kann jedenfalls den Kurs allen anderen SGN (Jung-) Piloten wärmstens empfehlen!

Zuletzt möchte mich auch noch ganz herzlich beim Vorstand und allen anderen freiwilligen SGN Helfern bedanken, dass ich die LS-4 für zwei Wochen "entführen" durfte und insbesondere auch ein grosses "Merci" an Oskar Unternährer, der mich mit der Vorbereitung und allen möglichen Tipps vor dem Lager unterstützte.

 

Michael Gloor


Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Wir danken Swisslos für ihre finanzielle Unterstützung unseres Vereins, welche der aktiven Jugendförderung zugute kommt....