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Aussenlandung in Altdorf

Felix Buser: Die Flugwetterprognosen für Sonntag den 29. Juli 2018 lassen keine weiten Streckenflüge ab Buochs erwarten. Eher schwache Thermik und tiefe Basis in der Zentralschweiz und im Napfgebiet, sowie generell eher späte Thermikentwicklung sind angesagt. Nur das Bedretto und das Tessin versprechen gute Bedingungen. Ich plane deshalb einen späten Start um ca. 13 Uhr mit einem langen Schlepp ins Urner Reusstal. Entgegen der Prognosen entstehen im Osten und über dem Schlierental schon vor 11 Uhr die ersten vielversprechenden Kumuli. Die ASW 20, HB-1623 ist fertig aufgerüstet, der Schlepppilot bereit und ich entschliesse mich entgegen meinem ursprünglichen Plan für einen baldigen Start, der dann auch um 11:21 erfolgt.

Der Schlepp verläuft ruhig und wir haben durchwegs Steigen von 2 bis 2.5 m/s. Auf der Höhe von Silenen stehen die ersten Wolkenfetzen über den Hängen. Den Arnisee überqueren wir auf einer Höhe von ca. 2700 mM. Aufgrund der Erfahrungen vom Flug nach Samaden mit Urs vom letzten Donnerstag (siehe Beitrag im SGN Blog „Nach oben noch Luft-Flug nach Samedan“), schleppe ich noch bis über die nächste Krete und klinke auf ca. 3000 mM unter einer vielversprechenden kleinen Wolken. Das LX zeigt mir 1100 m Ankunftshöhe für Buochs, was mir mehr als genügend für einen sicheren Rückflug erscheint. 

Anstatt Höhe zu gewinnen, verliere ich in der schwachen und unregelmässigen Thermik Meter um Meter. Die Wolkenfetzen über mir lösen sich langsam auf. Nur über Andermatt steht eine wachsende Wolke. Wenn ich sie aber anfliegen würde und auch dort nichts finde, wäre eine Aussenlandung vorprogrammiert. Ich entschliesse mich deshalb auf dem Rückweg nach Buochs nach Thermik zu suchen. Immer wieder zeigt das Vario kurzfristig Steigen an, doch wenn ich eindrehe, verliere ich mehr als ich gewinne und zwischendurch meldet das Vario deutlich erhöhtes Sinken. 

Auf der Höhe von Erstfeld zeigt das LX noch 700 m (ohne die von mir voreingestellte Sicherheitsreserve von 300 m) über Buochs. Ich gebe die Aufwindsuche auf und fliege mit der optimalen Geschwindigkeit nach Mc Ready Richtung Seelisberg. Bis Altdorf schrumpft meine Ankunftshöhe über Buochs aufgrund des erhöhten Sinkens auf ca. 500 m. Ich bin auf ca. 1900 mM, würde also die ca. 25 km bis Buochs (auf der Höhe muss ich um den Niederbauen rumfliegen) auch mit Gleitzahl 20 noch knapp schaffen. Der weitere Flug würde aber über unlandbares Gebiet führen. Wenn das unerwartet hohe Sinken anhält, könnte ich in ernsthafte Schwierigkeiten kommen. Ich entschliesse mich deshalb zu einer Aussenlandung im Urner-Reusstal. 

 

Auf dem XC-Soar, das ich als Backup dabei habe, habe ich die bekannten Aussenlandeplätze eingetragen. Zudem kenne ich vom Aussenlandetraining mit der Dimona zwei Aussenlandeplätze entlang der Autobahn bei Altdorf und Erstfeld. Meine Wahl fällt auf den Notlandeplatz bei Altdorf. Er ist gross, steht genau in Windrichtung, sieht von oben relativ frisch gemäht aus, ich kann keine Zäune ausmachen, welche quer zu meiner Landerichtung verlaufen und der Platz ist mit dem Anhänger gut erreichbar. Da ich noch mehr als genügend Höhe habe, quere ich das Reusstal und versuche, als letzte Chance meinen Flug weiterführen zu können, ob ich an den sonnenbeschienenen Nordhängen des Schächentals Aufwinde finde. Leider ist auch dieser Versuch erfolglos. Somit wird die Aussenlandung nun unausweichlich. Ich informiere Buochs Segelflug über Funk und bereite mich auf meine erste Aussenlandung im Segelflieger vor. 

Der Wind hat sich unterdessen auf einen konstanten Talwind von ca. 15 km/h eingependelt. Infolge der Häuser und des Strassendamms in Windrichtung vor meinem Landefeld, erwarte ich, dass der Gegenwind in Bodennähe sehr gering sein wird. Dadurch wird meine Airspeed kurz vor dem Aufsetzen deutlich abnehmen. Als Anfluggeschwindigkeit wähle ich deshalb die volle Windgeschwindigkeit von 15 km/h über Gelb. Das Rad ist draussen und verriegelt, die Wölbklappen auf der ersten Landestellung, das Landefeld ist frei und ich kann kein anderes Flugzeug in der Nähe ausmachen. Immer noch mit mehr als genügend Höhe teile ich die Volte so ein, dass sich ein langer und steiler Endanflug ergibt. 

 

Die Routine aus vielen Ziellandungen in Buochs und etlichen anderen Flugplätzen, das Aussenlandetraining mit der Dimona, die Automatisierung der Landechecks sowie die Erfahrungen von unzähligen Aussenlandungen mit dem Delta machen sich nun bezahlt. Mit dem Einflug in die Volte ist jegliche Nervosität verschwunden. Ich weiss, dass ich die ASW 20 präzise landen werde. Kurz hinter dem letzten Zaun flaire ich aus, setze auf, bremse langsam ab und bringe mein Flugzeug in der Mitte der langen Wiese zum Stehen. Pilot und Flugzeug sind wohlauf und die Landung war sanfter als auf der holperigen Graspiste in Aalen. 

Ich informiere Buochs Segelflug per Telefon, dass ich gut gelandet bin. Kili wird mich mit dem Anhänger holen. Mit einem Foto der Landespur dokumentiere ich, dass das Fahrwerk bei der Landung keiner ausserordentlichen Belastung ausgesetzt worden ist. Dann mache ich mich auf die Suche nach dem Eigentümer der Wiese, um mich für den allfälligen Landschaden zu entschuldigen. Den Rest des Tages ärgere ich mich ein wenig, dass ich für einmal zu früh gestartet bin. Meine Klubkameraden fliegen noch stundenlang unter den schönen Kumuli im Schlierental und auch über der Ibergeregg sieht es am Nachmittag gut aus. 

 

Lessons Learned

Das Streckenfliegen ist immer mit dem Risiko einer Landung ausserhalb des Flugplatzes Buochs verbunden. Als vorsichtiger Pilot fliege ich auch auf Streckenflügen in der Regel im Trichter eines Flugplatzes. Ob es mir bei den vorherrschenden Bedingungen von Altdorf mit 500 m „Reserve“ nach Buochs gereicht hätte, weiss ich nicht. Vermutlich schon, aber was, wenn nicht? Beim Fliegen achte ich darauf, immer einen Plan B zu haben. Dank meiner Vorbereitung auf eine mögliche Aussenlandung stand mir die Option der Aussenlandung in Altdorf als Plan B zur Verfügung. Hätte ich den Weiterflug Richtung Buochs gewagt und weiterhin erhöhtes Sinken angetroffen, hätte es diese Möglichkeit nicht mehr gegeben. Deshalb habe ich das Risiko einer Aussenlandung auf einem bekannten Aussenlandefeld tiefer eingeschätzt als dasjenige des Weiterflugs nach Buochs und habe die Unannehmlichkeiten einer Aussenlandung in Kauf genommen. Das Aussenlandetraining mit der Dimona hat mir bei dieser Landung grosse Sicherheit vermittelt, aber auch die schnelle visuelle Verfügbarkeit der Notlandeplätze auf dem Smartphone war hilfreich. Für mich hat sich bei diesem Flug bestätigt, dass eine gute Vorbereitung Sicherheit schafft. Bekanntlich ist es einfacher eine Situation abzurufen, auf die man sich mental oder praktisch vorbereitet hat, als im Flug unter Zeitdruck eine neue gute Lösung zu entwickeln. Obwohl ich mit 29 Min. Schleppzeit nur knapp über eine Stunde geflogen bin, war es für mich ein erfolgreicher Flugtag. 

 

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