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Nach oben noch Luft - Flug nach Samedan

Felix Buser:  Ende Juli 2018 scheint sich eine lange Schönwetterperiode ihrem Ende zu nähern. Ich habe mich für Donnerstag, den 26. Juli mit Urs zum Fliegen verabredet. Wie so oft sind sich die verschiedenen Flugwetterprognosen nicht einig. Klar ist nur, dass in Folge der leichten Bise, ist im Mittelland mit eher mit bockigen Verhältnissen, Blauthermik und eher schwachem Steigen zu rechnen ist. Auf der Alb und im Bedretto soll es Hammerwetter geben. Doch wie kommt man mit Blauthermik von Buochs bis in die Alb und wie schafft man am Abend den Rückweg? 

Um 10:30 ist der Duo Discus bereit, Buochs Tower über den Start informiert sowie das DABS ausgedruckt und verinnerlicht. Res hat zugesagt, uns um 11 Uhr zu schleppen, Wisi ist bereits Richtung Alpen gestartet und auch Balz hat seine ASH 26E startklar gemacht. Über den Ostalpen entstehen die ersten Cumuli, das Mittelland hingegen ist immer noch blau. Urs und ich entscheiden uns deshalb für einen Flug in die Alpen. Balz bleibt bei seinem Plan für einen Flug weit nach Norden. 

Nach einem ruhigen Schlepp klinken wir im Reusstal über dem Arnisee, Wisi‘s Geheimtipp für den Einstieg in die Alpen via der Gotthardroute. Das Vario hat im Schlepp mehr als 4 m/s Steigen angezeigt, so dass wir überzeugt waren, bereits im Reusstal den Anschluss an die Basis zu schaffen. Doch der Thermik Gott war uns um diese Zeit noch nicht gewogen. Auch eine Querung ins Schächental hat uns kein auswertbares Steigen gebracht. Bald hatten wir nur noch die Optionen entweder zurück nach Buochs zu fliegen und vom nächsten guten Flugtag zu träumen, oder uns mit Flüssigthermik ein paar zusätzliche Höhenmeter zu verschaffen. Nach langen Minuten mit schwachem Steigen mit dem Flautenschieber, haben wir endlich bei den Eggbergen die sehnlichst erwarteten Aufwinde gefunden und können den Motorlärm durch das anfangs zaghafte, doch immer lebhaftere Pipsen des Varios ersetzen. Mit etwas Geduld erreichen wir die komfortable Ausgangshöhe von 2900 m. 

Etwas verhalten machen wir uns auf den Weg nach Süden. Von Schlauch zu Schlauch wird die Basis höher, so dass bei Andermatt die Querung ins Tessin auf direktem Weg erfolgen kann. Nordöstlich von Airolo steht, wie so oft, ein super Schlauch, der uns auf 3500 m trägt. Nach Westen ins Bedretto sehen die Wolken weniger gut aus als nach Süden und Osten. 

Auf der Alpenfrequenz meldet UU an 7C, welche von Münster gestartet sind, dass die Route über den Lukmanier, den San Bernardino, den Splügen und den Julier sehr gut läuft. Auch Wisi ist bereits am Corvatsch. Somit steht für uns der weitere Flugweg Richtung Engadin fest. Für Urs ist es der erste Flug im Segelflieger quer über die Alpen. Ich kenne die Gegend von meinen Fluglagern in San Vittore und Münster. Nördlich des Matro tanken wir nochmals Höhe und erreichen 3700 m. Dann geht’s, meist entlang von gut tragenden Linien, quer über das Calanca Tal, die Moesa, den Lago di Lei bis zum Silvaplanersee.

Etwas westlich von Samaden ist es 15:00 Uhr und wir haben noch 120 km Rückweg vor uns. Wir beschliessen ungefähr den gleichen Weg zurück zu fliegen. Den Rückweg wählen wir zu Beginn aufgrund der Wolkenbilder etwas weiter südlich, queren vom Maloya Richtung Ciavenna und weiter zum Piz Strega. Der Matro ist wie immer zuverlässig und auch in der Nähe des Ritomsees finden wir nochmals einen starken Aufwind. 

Von nun an geht’s abwärts. Der Flugrechner weist eine Ankunftshöhe von 1500 m über Buochs aus und wir stellen uns auf ein gemütliches Abgleiten ein. Auf der Höhe von Erstfeld melden wir uns bei Buochs Tower an und queren Richtung Brisen. Die Höhe von 3000 m erlaubt den Weiterflug über das Engelbergertal Richtung Brünig. Auf dem Rückweg steht ein schöner Schlauch über dem Stanserhorn, den wir natürlich nicht auslassen können. Immer noch auf 2300 m queren wir zur Rigi und weiter zum Wildspitz. 

Auch über Emmen geht’s unter einer kleinen Wolke nochmals 400 m hoch, was uns veranlasst einen Umweg ins Schlierental anzuhängen. Auf dem Rückweg geht’s beim Stanserhorn  immer noch aufwärts. Das LX zeigt uns an, dass wir schon 7 ½ Std. in der Luft sind. Wir sind uns sofort einig, dass wir beide noch nie 8 Stunden geflogen sind und uns noch eine halbe Stunden mit Hangsegeln geben wollen. Nach 8:08 Stunden und 352 km landen wir sanft auf Piste 24 in Buochs. 

Balz ist schon am Boden. Er hat den Weg übers Mittelland gefunden und einen Flug von 487 km bis Blaubeuren geschafft. Wisi landet nach 10:15 Std. und 918 km ein paar Minuten nach uns. Bei der anschliessenden Pizza in Stans darf das Fliegerlatein natürlich nicht fehlen. Urs und ich fühlen uns immer noch als Einsteiger ins Streckenfliegen und so sind wir stolz auf unseren Flug, auch wenn, wie uns unsere Klubkameraden gezeigt haben, noch viel Luft nach oben vorhanden ist. Für uns zählen jedoch nicht nur die geflogenen Kilometer. Das gemeinsame Erlebnis im Doppelsitzer, die einmalige Schönheit der Schweiz, das Hochgefühl, wenn das Vario bei 5 m/s ansteht, aber auch das gemütliche abgleiten und das ruhige Kreisen in der Abendthermik werden uns noch lange in Erinnerung bleiben. 

Von Buochs aus sind schöne Streckenflüge ins Mittelland und in die Berge möglich. Man muss jedoch meist etwas weiter als bis zum Gupf oder ins Engelbergertal schleppen und bereit sein den Trichter von Buochs zu verlassen. Unser Klub stellt uns für Streckenflüge geeignete Flugzeuge zur Verfügung und am Glidercup und in Fluglagern besteht die Möglichkeit mit Fluglehrern oder erfahrenen Piloten Streckenflugerfahrung zu sammeln. Doch um es mit Wisi’s Worten zu sagen: „Fliegen lernt man nur mit Fliegen“. Wir haben diesen Flug für uns gemacht. Doch wenn wir mit diesem Bericht oder den Fotos von unterwegs, den Einen oder Anderen dazu animieren konnten, auch wieder mal auf Strecke zu gehen, die Flugerfahrung zu erhöhen und unglaubliche Erlebnisse mit nach Hause zu bringen, dann freut uns das sehr. 

 

Felix und Urs

 

Lessons Learned

Als persönliches Debriefing, habe ich die Startphase nach dem Klinken von Wisis-Elfen-Flug (rot) mit unserem (grün) verglichen. Wisi ist um 11:00 LT schon viel früher unterwegs, das ist klar. Interessant ist, dass wir offensichtlich zu nahe beim Arnisee und dazu noch zu tief klinkten und so den ersten Schlauch nicht packen konnten. Es lohnt sich nach dem Arnisee südwestlich weiter auf eine Höhe von 2700 m zu schleppen, dann sollte der Einstieg funktionieren.  Urs.


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